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Sonntagvormittag des 4. Juni 2023.

Im Rahmen der Festlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum des Schleizer Dreiecks fiel soeben die schwarz-weiß karierte Flagge für das zweite Rennen der GP250-Kategorie der IG Königsklasse.
Ein 74-jähriger Mann umarmt seinen Fahrer und muss dabei die eine oder andere Träne unterdrücken.

Mit Platz 3 von Adrian Hähle ist für Ihn ein kleiner Lebenstraum in Erfüllung gegangen.
Seine Einzylinder MZ-TT-EDW-Eigenbaumaschine kam vor einer ganzen Reihe viel modernerer Zweizylinder-Rennmotorräder meist japanischer Herkunft in das Ziel!
Adrian Hähle ist in der IG Königsklasse kein Unbekannter, holte er doch gleich in seiner ersten Saison dort 2016 den Meistertitel in der GP 125-Klasse.

Aber wer ist der Konstrukteur dieses erstaunlich schnellen Einzylinder-Triebwerks auf MZ-Basis? 

Sein Name ist Wolfram Trabitzsch, geboren in Bernburg am 30.01.1949.
1965 zog es ihn in das MZ-Werk nach Zschopau. 
Dort absolvierte er eine Ausbildung zum Werkzeugmacher mit Abitur. Bereits in dieser Zeit nahm er an Straßenrennen in der 125er Ausweisklasse teil und konnte 1967 erste Siege einfahren.

Gleichzeitig absolvierte er ein Studium in Meißen und wurde, nach erfolgreichem Abschluss, als Entwicklungsingenieur in der Serienfertigung von MZ tätig.
1970 erhielt er zunächst seine nationale Fahrerlizenz, und war damit auf einer clubeigenen Rennmaschine des MC Wismut Aue so erfolgreich, so dass er ab 1974 auch die internationale Lizenz innehatte.

1977 ging er mit 5 Punkten Vorsprung in das letzte Rennen am Frohburger Dreieck, hatte dort aber technische Probleme. Letztlich war er am Saisonende in der Gesamtwertung zur 125er DDR-Meisterschaft punktgleich mit zwei weiteren Fahrern. Auf Grund der schlechteren Einzelplatzierungen wurde er aber "nur" als Dritter gewertet.

Die Saison 1979 lies sich gut an. Ein 1. Platz bei einem internationalen Rennen in Polen und ein weiterer Sieg bei Auftaktrundstreckenrennen zur DDR-Meisterschaft am Sachsenring machten Hoffnung. Leider folgten dann ein technischer Ausfall in Schleiz und ein schwerer Sturz in Frohburg.
Dieser führte zu bleibenden gesundheitlichen Schäden und zwang Wolfram Trabitzsch zunächst zur Aufgabe seiner aktiven Rennfahrerkarriere.
Fortan beschäftigte er sich vorrangig mit dem Tuning von 125er und 250er Einzylinder-Straßenrennmotoren (aber auch von Motoren für Rennboote!) und machte sich so in der DDR-Rennsportszene einen klangvollen Namen.

In der "Wendezeit" änderten sich die Bedarfe. Viele, bereits vorbereitete und vorfinanzierte Konstruktionen fanden keinen Abnehmer mehr. Wolfram Trabitzsch orientierte sich in der freien Marktwirtschaft neu und gründete eine eigene Firma und beschäftigte auch Mitarbeiter. Nach überstandenen, zusätzlichen gesundheitlichen Schwierigkeiten und mit dem Erreichen des Rentenalters, nahm er wieder selbst an diversen Klassik-Veranstaltungen im In- und Ausland teil.

So auch an Präsentationsfahrten am 15.-16.07.2023 beim 26.Zschorlauer-Dreieckrennen.
Kurz vor Ende des zweiten Durchgangs der Demonstrationsfahrten verlor er nach vermutlich erneuten, plötzlichen gesundheitlichen Problemen die Kontrolle über seine Rennmaschine, stürzte und erlag in der folgenden Nacht seinen schweren Kopf- und inneren Verletzungen.

Wir werden seinen Namen in bleibender Erinnerung behalten.

Unser aufrichtiges Beileid gilt den Hinterbliebenen.

Ruhe in Frieden, Wolfram!


Vielen Dank an Bertam Hähle für den Text und Lisa Schlupp sowie Friedemann Dommenz für die Bereitstellung der Bilder. 
Peter