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Werdegang einer IG Königsklasse Karriere

Alle von uns die diese Zeilen lesen, interessieren sich für Motorsport auf 2 Rädern. Manche weniger, manche mehr, manche aktiv, mache passiv. Hier werde ich Euch berichten, wie mein Werdegang war und ist, weil er, wie ich finde, sehr besonders ist. Ich habe durch den Rennsport und besonders in der IG Königsklasse Freunde gefunden, die eine Unterstützung gewährleistet haben, mit der ich nicht gerechnet hätte. Aber dazu mehr in meiner Geschichte.
Alles begann im Jahr 2014. Ich hatte seit ca. einem Jahr den Motorrad Führerschein in der Tasche. Klarer Späteinsteiger. Motorsport fand ich immer gut, die Reifen meines Autos haben manchmal vielleicht zu oft im öffentlichen Straßenverkehr gequietscht. Aber irgendwie hat es viele Jahre gedauert, bis ich verstanden habe, dass man auch auf dem Motorrad den Grenzbereich erfühlen kann. Ich kannte nur das Auto, und dachte immer: Beim Motorrad, wenn Du da rutschst, dann liegst Du da. So hab ich sehr viele Jahre Null Interesse am Motorrad gehabt, mir fehlte einfach die richtige Information. Gepaart mit Starrsinn natürlich.
Doch dann hatte ich auf Grund von Interesse an Oldtimern auf einmal einen Kumpel, der mich mit seinem Vorkriegsmotorrad etwas rumtuckern ließ. Geil. Sommer, T-Shirt flattert im Wind, der Motor knattert laut… Was ein Lebensgefühl. Und weil Zweitakter ja nun in einem gewissen Rahmen auch Oldtimer sind, stand auf einmal eine RD350 in der Garage. Ziemlich schnell habe ich erkannt, das Straßenverkehr + Motorrad + schnell fahren keine gute Idee ist. Ist sehr gefährlich sogar, nach meiner Meinung. Zum Glück habe ich dann meine Schnell-Fahr-Ambitionen auf die Rennstrecke verlegt.

 

Und irgendwie hats da Klick gemacht. Motorradfahren auf der Rennstrecke war bezahlbarer Rennsport. Es war anstrengend, fordernd, und unglaublich intensiv. Und das ist es wohl, was mich hat weitermachen lassen. Nach ein paar Renntrainings und etwas Internetrecherche, hab ich mich, voll des Übermutes, für das erste IGK Rennen angemeldet. Das war in Brno 2015.

 

Mein Ziel war: Spaß haben. Und nicht letzter werden. Das Resümee nach dem ersten Wochenende: Ziele erreicht. Und was habe ich sonst noch erfahren? Tolle Bekanntschaften gemacht. Ich war neu, ich kannte niemanden, ich habe keinen Tag alleine gegessen, bin abends eingeladen worden, mir ist geholfen worden, ich habe Tipps bekommen – ein tolles Erlebnis. Eins, das mich hat weiter machen lassen in der Königsklasse. Bis heute.

 

Naja, der erste Schritt danach war dann, die komplette Saison zu fahren. Alle Rennen auf dem Kalender. Und wieder mit dem Ziel: Spaß haben. Und nicht letzter werden. Aber es kam anders. Weil es ja auch noch die Meisterschaftstabelle gibt. Und da stand ich drin, am Anfang recht weit unten. Aber irgendwie… kletterte ich dann so langsam nach oben. Bis zum Finale, dem letzten Rennen der Saison. Dahin bin ich als zweiter in der Meisterschaft angereist. Ohne Ambitionen, denn der bis dahin Führende war fahrerisch klar stärker. Doch es kam Pech dazu – für meinen Konkurrenten. Er stürzte im ersten Rennen, was auf einmal für mich hieß: Punkte sammeln. Das tat ich, und das Unglaubliche passierte: Meister im ersten Jahr in der Königsklasse! Unfassbar

 

 

Und an diesem letzten Wochenende des Jahres passierte etwas sehr Besonderes. Schon beim Rennen in Most in 2015 lernte ich Günter kennen. Sehr aktiver Motorsportler in seinen jüngeren Jahren als Fahrer und Mechaniker, mit einigen Achtungserfolgen. Und er hat nie die Begeisterung für dieses Hobby (oder diese Berufung?) verloren, auch jetzt nicht. Man kann wohl sagen er befindet sich schon im gehobenen Rentenalter.
Da aktives Fahren leider nicht mehr sinnvoll möglich ist, kümmert er sich nun um den Nachwuchs. Also meistens jedenfalls, bei mir hat er sich leider bezüglich meines gehobenen mittleren Alters verschätzt… Frei heraus fragte er mich, ob ich in der nächsten Saison nicht SEIN Motorrad fahren wollte: Ein vollwertiger Production Racer, inklusive Betreuung durch einen ehemaligen GP Schrauber - also ihn. So fuhr ich im Winter 2015 zu Günter um seine Honda RS125R zu begutachten. Da stand sie also vor mir, das Motorrad, das deutlich mehr können sollte als sein Fahrer, und das bei guter Pflege und Zuwendung wohl unübertroffen bezüglich seines Handling ist.

Ich brauchte ein paar Tage Bedenkzeit um zu entscheiden, ob ich mich denn wohl auf so ein Abenteuer einlassen sollte. Motorrad von einem Fremden, großer finanzieller Einsatz, wenn ich das Ding im Gebrauch nachhaltig verbiegen sollte, und die Ungewissheit, ob ich mich denn wohl dauerhaft mit einem Rentner verstehen werde??? Das Drumherum klang aber alles sehr vernünftig. Ich hatte im Winter ein paar Wochen Zeit um den ersten Einsatz vorzubereiten (ich bin schließlich Kontrollfreak), Sturzteile waren ausreichend vorhanden. Also fuhr ich im Frühjahr 2016 zu Günter und lud den ganzen Kram in meinen Anhänger. Und fuhr davon. Zu dem Zeitpunkt kannte Günter noch nicht mal meine Adresse. Er mußte wohl genauso scharf darauf sein auf die Rennstrecke zu kommen wie ich.

 

Über die Saison wurde viel geschafft. In gemeinschaftlicher Abstimmung wurden ein paar Brennräume für die Honda angefertigt, die üblichen Wartungsarbeiten wie Kolben und Kurbelwellen tauschen durchgeführt, und der Fahrer trainiert auch fleißig. Es ging stetig bergauf, die Rundenzeiten wurden besser. Am Schluß der Saison funktionierte die Abstimmung von Vergaser, Verdichtung und allen weiteren Kleinigkeiten wie Kühlerleistung, Übersetzung, Gabel- und Federbeinabstimmung schon ziemlich gut. Ich hatte keinen einzigen technischen Ausfall. Und ein paar Achtungserfolge waren auch dabei. Das machte Mut für 2017.

 

 

Also wurde die Saison 2017 angegriffen. Günter war wie immer bei jedem Einsatz vor Ort dabei. Er genoss es wohl, sich mit mir über die korrekte Bedüsung vor jedem Lauf zu streiten, wobei ich bis heute nicht verstehe, warum. Dachte immer ich wäre da ziemlich besserwisserisch, aber seine bayrische Gelassenheit hat da jeden Konflikt kompensiert. Im Winter wurden ein paar Tuningmaßnahmen am Motor vorbereitet, die wir aber leider nie so richtig ans Laufen gebracht haben. So wurden alle Rennen mit dem verlässlichen, aber leider etwas schwachen Standardmotor bestritten. Das Gute daran war, dass der Fahrer (also ich) sich aufs Wesentliche konzentrieren konnte: Das Fahren. Wie so oft war da das meiste Potential zu holen. Und ich bin froh, dass so manches Potential freigelegt wurde: Und das bringt mich wieder an den Anfang der Geschichte. Das Rutschen. Es geht auch mit dem Motorrad. Sogar kontrolliert. Und wiederholbar. Und es macht noch mehr Spaß auf 2 Rädern als auf 4 Rädern.

 

Gruß Boris

 

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